Aus der ongoing-Serie "Lost and Found": Fotos von verlorenen Zetteln und anderen kleinen Dingen ...
Im Garten...
„Nelson Mandela hatte vielleicht eine schöne Zeit auf Robben Island“ – so heißt die Debüterzählung von Otto Tremetzberger, die dieses Frühjahr erschienen ist. Hier ein Porträt.
„Ich gehöre nicht mehr hierher“, erkennt der Protagonist irgendwo in der Mitte der Erzählung, und meint damit sein äußeres Leben als Museumsangestellter, das er durchaus mit Auftrag, aber trotzdem recht teilnahmslos durchkreuzt. Immer leicht verschnupft als Einer, der die Welt und auch sein Leben als Kulisse der eigenen, distanzierten Faktenlage beschreibt, gelingt es ihm zu Ende, sich irgendwie aus seinem bisherigen Leben hinausgeschlichen zu haben. Er stellt in seiner neuen Zuflucht, einem verlassenen Atombunker, fest: „Da beschloss ich zu bleiben“.
Ein recht drastisches Setting, das mit intensiver Sprache, aber paradoxerweise beinahe ohne darüber groß Worte zu machen, nichts weniger behauptet, als dass die Übermacht unseres hyperaktiven Systems samt seiner undurchschaubaren Zusammenhänge beinahe schon als fixe Größe dazugehört. Dabei scheint ein gefühlt illegitimes Dasein in dieser fremden Welt, aber auch das Atomisierte, das Einzelhafte das eigentliche Thema zu sein – und innerhalb dessen eine Suche nach so etwas wie echtem Leben. Der Protagonist geht demzufolge durch sein Leben, stolpert, staunt, wundert sich. Wie Otto Tremetzberger im Interview sagt: „Die Figur denkt und denkt gleichzeitig nicht. Sie kämpft für nichts, engagiert sich nicht, verzweifelt dafür aber auch nicht“ – an einer Welt, deren „aufgeregter Zustand nur mehr wie ein letztes Schütteln“ ist. An der titelgebenden, im Buch lakonisch hingeworfenen Stelle wird das Einzelhafte zur tatsächlichen Einzelhaft, und gleichzeitig zur Möglichkeit, wenn es heißt: „Nelson Mandela hatte vielleicht eine schöne Zeit auf Robben Island.“ Betonung zwar auf vielleicht, aber damit auch eine plötzliche Wendung, eine Möglichkeit auf Glück, denn Nelson Mandela hatte, so Tremetzberger, zum einen „eine unglaublich produktive Zeit während seiner Inhaftierung erlebt“, hat dort unter anderem seine Biographie „Der lange Weg zur Freiheit“ geschrieben - und zum anderen ermöglicht diese Feststellung „die Frage, ob es möglich ist, auf wenigen Quadratmetern ein gewisses Glück zu entfalten, in der Begrenzung einen geistigen Raum zu öffnen, der umso phantastischer ist“. Interessante Provokation dabei: Inhaftierung als Möglichkeit, Rückzug als Konsequenz.
Rückzug scheint im realen Leben von Otto Tremetzberger kein wirkliches Faktum zu sein, der Österreichische Staatsstipendiumträger für Literatur, der zuerst Theaterwissenschaft, Philosophie, Kultur- und Medienmanagement studiert hat, ist Geschäftsführer beim Sender dorf-TV, war zuvor bei Radio FRO und Radio Freistadt. Wie sich seine literarische Arbeit da eingefügt hat? „Gerade zu Stresszeiten war es interessant, das totale Gegenteil der Ruhe und des Stillstandes, der Versteinerung zu bearbeiten“, so Tremetzberger. Diesen Monat gibt es unter anderem eine Lesung in Tremetzbergers Geburtsort Mauthausen.
Otto Tremetzberger, Nelson Mandela hatte vielleicht eine schöne Zeit auf Robben Island, Limbus Verlag 2014, 117 Seiten.
Experiment Literatur, 22. Okt, 19.30 h, alter schl8hof wels
Mauthausner Literatur-Abend, 29. Okt, 19 Uhr,
Mehr Infos: www.otre.at