Aus der ongoing-Serie "Lost and Found": Fotos von verlorenen Zetteln und anderen kleinen Dingen ...
Im Garten...
Es gibt einige Artikel im Landeskulturbericht, einer davon ist dieser, erschienen in der Juli 2013-Ausgabe.
"Die Chance des Teppichs liegt in der Luft" - So lautet ein Zeile des Autors Christian Steinbacher, der im Juni im Stifterhaus den Heimrad-Bäcker-Preis verliehen bekommen hat: Wir beginnen mit Heimrad Bäcker, machen kurz halt beim Förderpreisträger Norbert Lange und finalisieren mit dem großen Preisträger Christian Steinbacher.
Heimrad Bäcker, dessen Todestag sich heuer zum zehnten Mal jährte, hat in Oberösterreich als Autor und Herausgeber Neuer Literatur gewirkt und vor allem auch Gedächtnisarbeit zur Shoah geleistet. In seinem einleitenden Vortrag hielt Frank Stern im Stifterhaus ein Plädoyer gegen das Schweigen und gegen eine Haltung, die das Grauen des Holocausts in intellektuelle Distanz rückt, weil es „nicht darstellbar, nicht beschreibbar“ sei. Aber Beschreibung und Darstellung, so wie das auch Heimrad Bäcker gemacht hat, bedeutet Bereitschaft zur Erinnerung, schafft Bezug und emotionale Räume der Einsicht – und muss immer „zeitlich gebundenes, ästhetisches Framing“ sein. Anders, mit Adornos Diktum gesprochen, wonach es „barbarisch sei, nach Auschwitz überhaupt noch Gedichte zu schreiben“, bedeutet das, dass man sich mit der Vergangenheit auseinandersetzen muss, dass aber nichts mehr wie „vorher“ sein könne, dass vielmehr alles hinterfragt werden müsse. Im doppelten Sinne logisch, vom zeitgeschichtlichen und vom ästhetischen Aspekt, vergibt die Heimrad Bäcker Stiftung ihre Preise an eine heutige Avantgarde, die im Zusammenhang mit Literatur steht, wie sie Heimrad und Margret Bäcker verlegt haben – an neue Texte mit Zeitbezug, die sich auf Spracherkundung beziehen, auf Poesie, das Mögliche, das Offene an sich.
So betont der Laudator Friedrich W. Block beim Förderpreisträger Norbert Lange den Zusammenhang zwischen „Experiment und Experience“ – und stellt unter anderem dessen „Kunstkammer“ als Poesie dar, in der die Vereinigung von Natur und Artefakten möglich ist – um darauf hinzuweisen, dass „dies eine Erfahrung ist, die wir heute brauchen“. Bei Christian Steinbacher fällt eine Bewertung, so man dies so nennen will, noch deutlicher aus: In dessen Texten lasse sich das poetische Machen, das Schaffen von Sinn mit nachvollziehen – „in Zeiten von Information ein unglaubliches Angebot“. Steinbacher stellt Sätze her und hin, er beobachtet sie in ihrer Wirkung, geht ihnen nach und lässt sie wie ein schelmischer Dompteur Kunststücke vollziehen, lässt sie sprechen und dialogisieren, während sie in ihrem ganzen Eigensinn ihre Wirkung entfalten. Ganz wesentlich wird Christian Steinbacher auch für sein ausdauerndes, langjähriges Wirken als Herausgeber, Kurator und Initiator gewürdigt – es sei hier nur beispielhaft auf die „Linzer Notate“ und das Festival „Für die Beweglichkeit“ verwiesen. Wenn beim Festakt einige der unzähligen Kollegen ihre Grußsätze ausrichten lassen, nehmen sie auf unterschiedliche Aspekte seiner Arbeit Bezug. Urs Allemann betont: „Er setzt auf Metrik wie niemand sonst“. Felicitas Hoppe bezeichnet ihn als „poetischsten Gastgeber von allen“. Und Franzobel erkennt wohl in Steinbachers textlicher Bereitschaft, ALLES hereinzunehmen, auch ein wenig das gigantomanische Großunterfangen dieser poetischen Grundhaltung und lässt ausrichten: „Er ist der Nachfolger von Bernhard UND Stelzhamer“. Was einerseits für kurzes Lachen im Raum sorgt – aber andererseits als große Anerkennung zu werten ist, für einen, der mit unglaublicher Energie und wie kaum jemand sonst Leben und Kunst zu einem vielschichtigen Gewebe versponnen hat. Beziehungsweise, man möchte sagen: in all seinem Geschick seinen poetischen Teppich zu einem absolut flugfähigen Gebilde geknüpft hat.
Artikel von Tanja Brandmayr.